Bilal al-Habaschi
Bilāl ibn Rabāh war ein abessinischer Sklave, der seinem Herrn Ümeyye bin Halef diente. Seine Seele suchte nach Wahrheit, die er im Licht des Islam fand. Als Muhammed (F.s.m.I.) begann, den Islam zu verbreiten, zögerte Bilāl nicht, einer der ersten Anhänger dieser heiligen Bewegung zu werden.
Sein Herr Ümeyye war ein entschiedener Gegner des Islam und konnte Bilāls Bekehrung nicht akzeptieren. Als er von Bilāls Übertritt erfuhr, wandte er unvorstellbare Folter an: Er band ihn mit Händen und Füßen auf den heißen Sand und legte schwere Steine auf seinen Bauch. Tagelang ließ er ihn hungern und dürsten. „Entweder du verleugnest Muhammed und betest unsere Götzen an, oder du bleibst in diesem Zustand bis zum Tod!“, drohte er.
Hätte Bilāl seinen Glauben aufgegeben, wären alle Qualen beendet gewesen. Doch dieser geduldige Held beugte sich nicht dem grausamen Herrn. Selbst unter schlimmsten Folterqualen vergaß er Allah nicht einen Moment und rief stets: „Ehad, Ehad!“ (Er ist Einer, Er ist Einer!). Seine Peiniger banden ihm sogar ein Seil um den Hals und schleppten ihn durch die Straßen Mekkas.
Eines Tages kam Ebū Bekr ibn Ebū Quhāfe vorbei und sah Bilāls erbärmlichen Zustand. Er konnte es nicht ertragen und kaufte ihn von Ümeyye frei. Als Bilāl befreit war, sagte er zu Ebū Bekr: „Wenn du mich um Allahs Willen befreit hast, lass mich für Seine Sache arbeiten. Wenn du mich aber für deinen Dienst befreit hast, zeige mir, wo ich dienen soll.“ Tief berührt antwortete Ebū Bekr: „Ich habe dich allein für Allah befreit. Arbeite für Sein Wohlgefallen.“
Bilāl erhielt die Ehre, der erste Muezzin des Islam zu werden. Mit seiner klangvollen Stimme rief er die Gläubigen fünfmal täglich zum Gebet. Muhammed (F.s.m.I.) sagte über ihn: „Wie glücklich ist Bilāl! Er ist der Herr aller Muezzine.“ Seither wird er in der islamischen Geschichte als „Seyyidü’l-Müezzinîn“ (Herr der Muezzine) bezeichnet.
Die Feinde des Islam waren wütend, dass ein ehemaliger Sklave sie nun offen zu Allah rief. Nach der Eroberung Mekkas verspotteten sie ihn wegen seiner dunklen Hautfarbe. Doch Bilāl kümmerte sich nicht um ihren Hass. Seine Freude waren der Glaube und die Liebe zum Propheten.
Bilāl nahm an zahlreichen Schlachten teil, darunter Badr, Uhud und dem Grabenkrieg. Er kämpfte tapfer für die Verbreitung von Allahs Wort.
Nach dem Tod des Propheten konnte Bilāl nicht mehr in Medina bleiben – alles erinnerte ihn dort an den geliebten Propheten. Trotz Ebū Bekrs Bitten ging er nach Damaskus. Dort las er auf Bitten von ʿOmar ibn al-Khattāb noch einmal den Gebetsruf, der alle Kämpfer zu Tränen rührte.
Als er später Medina besuchte und zum letzten Mal den Gebetsruf erklingen ließ, strömten die Menschen auf die Straßen und weinten – es war, als wäre der Prophet zurückgekehrt und hätte Bilāl gebeten, den Adhan zu rufen.
Bilāl ibn Rabāh starb im 20. Jahr der Hidschra in Damaskus. Der Prophet hatte ihm die frohe Botschaft gegeben, dass er seine Schritte im Paradies gehört habe. Auf die Frage nach seinem wertvollsten Gottesdienst antwortete Bilāl bescheiden, dass er nach jeder rituellen Waschung so viele freiwillige Gebete wie möglich verrichtete.
Trotz seiner hohen Stellung im Islam blieb Bilāl stets bescheiden. Wenn man ihn auf seine Tugenden ansprach, sagte er nur: „War ich nicht gestern noch ein abessinischer Sklave?“